Mittwoch, 23.05.2018

Mit Multipler Sklerose leben - aber wie?

Weltweit sind etwa zwei Millionen Menschen von der Multiplen Sklerose (MS) betroffen, wobei der Anteil der weiblichen Patienten stetig steigt. Die ersten Symptome zeigen sich meist zwischen dem 20. und dem 40. Lebensjahr. Durch Medikamente und eine begleitende gesunde Lebensweise lässt sich der Verlauf der neurologischen Erkrankung günstig beeinflussen, so Dr. Kristina van Ophoven während des gut besuchten Patiententages. Positiv ist, dass inzwischen neue Medikamente zugelassen sind, die gerade den akut schubförmigen Verlauf mildern können.

Schwangerschaft

Grundsätzlich scheint eine Multiple Sklerose wenig bis gar keinen Einfluss auf eine Schwangerschaft zu haben. Es besteht kein per se erhöhtes Risiko für den Schwangerschaftsverlauf, die Geburt oder das Neugeborene. Ein Kinderwunsch sollte der behandelnden Neurologin bzw. dem behandelnden Neurologen frühzeitig mitgeteilt werden, um ggf. eine Änderung oder ein Absetzen der medikamentösen Therapie zu besprechen.  Die allermeisten Patientinnen können bis zu sechs Monate nach der Geburt voll stillen

Neue Medikamente machen Hoffnung

Derart positiv beeinflusst das Medikament Ocrevus sowohl den primär chronischen (PPMS) als auch 
den schubförmigen Verlauf (RMS) der Krankheit. Gute Ergebnisse zeigen auch das für die Zulassung 
beantragte Siponimod bei der PPMS und die neuen Medikamente Cladribin und Ocrelizumab bei der 
RMS. Dr. Christoph Aufenberg empfahl, bei hoch akutem Verlauf, Einzelentscheidungen zu treffen.  
Es gibt eine lange Liste bei www.dgn.org

Gesunde Ernährung kann lindern

Eine gesunde Ernährung kann zwar den Verlauf der MS etwas lindern, aber Dr. Andrea Neundorf 
machte deutlich, dass es keine MS-Diät gebe. Allerdings beeinflussen gewisse Bakterienstämme im 
Darm-Mikrobiom die MS positiv. So rät die Oberärztin der Paracelsus-Klinik Osnabrück zu 
kurzkettigen Fettsäuren und zu ballastreicher Ernährung. Auch die Einnahme von Propionaten, 
Vitamin D, Weihrauch und Grüner Tee können helfen. Allgemein empfiehlt es sich, bei Normalgewicht 
auf zuckerarme Ernährung zu achten. 

Umweltfaktoren wirken mehr auf MS ein als die Gene

Ähnliches gilt auch für den Lebensstil. Ein Drittel der Risikofaktoren würden ererbt, zwei Drittel durch Umweltfaktoren beeinflusst. Das erklärt die Verbreitung der MS in den hoch industrialisierten Ländern. Betroffen sind Menschen in den USA, Europa, Neuseeland und Südaustralien. Auch gibt es einen engen Zusammenhang zwischen Adipositas und MS. Ein Übergewicht ruft eine latente Entzündungsreaktion im Körper hervor. Dass Rauchen einen schädlichen Einfluss hat, ist schon fast selbsterklärend. Ebenso wirkt ein erhöhter Salzkonsum negativ. 5 g pro Tag empfiehlt die WHO. Die Erkrankung und deren Verlauf ist eine Folge komplexer Interaktionen, die teilweise beeinflusst werden können, so Dr. Janine Schwan.

Den Lebensmut nicht verlieren

Meist werden Depressionen im Zusammenhang mit MS kaum erkannt. Anzeichen können neben Freudlosigkeit auch Energie- und Interessensverlust sein, verbunden mit Schuldgefühlen und Schlafstörungen. Dabei ist die Abgrenzung zur MS-bedingten Fatigue schwierig. Anzustreben ist eine Kombination von psychotherapeutischer und medikamentöser Behandlung. Daneben empfahl Dr. Florian Große-Dresselhaus Maßnahmen wie z.B.  Lichttherapie bei saisonaler Depression oder körperliches Training.


Beweglichkeit bewahren durch Physiotherapie

Körperliches Training hilft bei Schmerzen, unter denen 80 Prozent der Betroffenen leiden. Hier hilft es, frühzeitig einzugreifen, damit der Schmerz nicht chronisch wird. Bei  auftretenden Spastiken  gilt der Grundsatz „mit kleinen Dingen anfangen, dazu geben kann man immer noch“, sagte Oberärztin Dr. Anne-Kathrin Strohhäcker. So können Botox, intrathekale Triamcinolon-Gaben sowie eine Baclofen-Pumpen-Therapie lindernd eingreifen. Die Physiotherapie hilft, neue Bewegungsmuster zu erlernen, so Alexander Geißler, Leiter der Physiotherapie. Gezielte Dehnungsmaßnahmen, Kraft- und Ausdauertraining, die eine korrekte Ansteuerung der Muskulatur ermöglichen, tragen zu einem beweglicheren und entkrampften Lebensalltag bei. Gegenläufige Bewegungen als  Spastiksenker wie beispielsweise ein Bettfahrrad können helfen, die Verkrampfungen zu lösen. Für das Stehtraining steht ein Balance-Trainer in den Räumen der Physiotherapie des Herz-Jesu-Krankenhauses zur Verfügung.  
    
Die Moderation übernahm Dr. Wolfgang Kusch, Chefarzt  der Klinik für Neurologie mit Klinischer 
Neurophysiologie.